Die Eröffnung findet am 03.07.2021 um 17:00 Uhr im Künstlerhaus statt.
„Meine Bilder bekommen keine Titel.“, erklärt Petra Sander-Lammers kategorisch. „Lange Zeit habe ich vor Ausstellungen darüber gegrübelt, wie ich meine Arbeiten benennen sollte. Jetzt ist damit Schluss. ‘O.T.’ reicht.“
Diese Aussage ist nicht nur pointiert, sie führt zu der Frage, wie es Kunstschaffende generell mit der Namensgebung ihrer Arbeiten halten oder gehalten haben. Anfänglich halfen die Bildgattungen: „Porträt Kaiser Maximilians, Stillleben mit Melonen, Landschaft bei Rom …“
Mit der beginnenden Abstraktion greift man auf die Musik zurück „Harmonie in Grün, Komposition in Blau, Kleine Fuge …“ .
Im 20. Jahrhundert wird das Beziehungsgeflecht zwischen dem Bild, seinem Titel und der betrachtenden Person neu durchdacht. Petra Sander-Lammers’ Kunstlehrer Wolfgang Heising erzählte gerne die Geschichte, wie die Bauhäusler Feininger, Kandinsky und Klee abends bei einem Glas Rotwein zusammen saßen und sich poetische und geheimnisvolle Bildtitel ausdachten. Diese schrieben sie auf einzelne Zettel und packten sie in eine Dose. Brauchte Paul Klee einen Titel, so griff er in die Dose. So konnte es passieren, dass die Bezeichnung nicht mit dem Bezeichneten übereinstimmte. Folge waren Irritation, genaues Hinsehen und Nachdenklichkeit. Auch wenn diese Anekdote vielleicht nur ein Kunst-Märchen ist, so macht sie den Stellenwert eines Bildtitels für den Zugang zum Bild deutlich.
Wenn Petra Sander-Lammers ihre Arbeiten nicht betitelt, so ist das ihre Form an die Freiheit und die gedankliche Unabhängigkeit des Gegenübers zu appellieren. „Verlass dich auf deine Augen und spüre dem nach, was die Farben und Formen in dir auslösen.“
Als ausgebildete klassische Musikerin ist sie es gewohnt, sich an vorgegebene Kompositionen zu halten, als Malerin wagt sie sich in den ergebnisoffenen Arbeitsprozess. Musikalisch fühlt sie sich besonders zu Beethoven hingezogen, ihre Bilder hingegen wirken wie ein malerisch ausgelebtes Heavy Metal Konzert. Große Formate kraftvolle Farbkonstellationen und bis ins Haptische gehender Farbauftrag, der nicht nur Gestik nachvollziehen lässt, sondern auch die Bildfläche rhythmisiert. Die meist gegenstandslosen Bilder werden von experimentellen Techniken und unkonventionellem Farbmaterial bestimmt.
Der spontane Zugriff lebt vom Risiko und von der Frage, wann das Bild eigentlich fertig ist. Aber auch damit kann Petra Sander-Lammers souverän umgehen. Die Bilder werden aufgehängt, abgenommen, weggestellt, gelagert, wieder hervorgeholt und mit frischem Blick wieder kritisch betrachtet. Nicht selten greift sie erneut zu Pinsel und Farbe und gibt der Arbeit eine weitere Richtung. Bildschichten überlagern und verdichten sich. So entsteht ein komplexes Bildgefüge.
Ist das Bild jetzt fertig? Wer weiß. Eins ist jedoch sicher: es hat immer noch keinen Titel.
Text von Elke Demter
Fotos von Petra Pape